ALEXANDER EMIL DEUBL // TRIPTYCHON

Die Geschichte des Triptychons reicht bis ins 10. Jahrhundert zurück und bezeichnet ein dreiteiliges Gemälde oder Reliefbild, das meist christliche Szenen abbildet und lange Zeit als Andachts- oder Altarbild in sakralen Räumen fungierte. Seine herausgehobene Stellung im Kirchenraum und seine spezifische diskursive Form der Dreiteilung haben das Triptychon auch für Künstler des 19. und 20. Jahrhunderts attraktiv werden lassen: Otto Dix, Oskar Kokoschka, Pablo Picasso und Francis Bacon, Neo Rauch, Robert Longo oder Bill Viola belegen die Vitalität der Gattung. 

Der Münchener Künstler Alexander Emil Deubl greift in seiner Arbeit „Triptychon“ auf die mittelalterliche Bildform zurück und überführt das Dreierformat in einen aktuellen Kontext. Er stellt drei LED-Lichtobjekte aus, die über die ganze Wand verteilt gehhängt sind und mit jeweils einem Dollarzeichen, einem Stern und einem Herz versehen sind. Die Objektgrößen sind der ursprünglichen Aufteilung eines klassischen Triptychons angepasst, in dem sich die beiden äußeren Glasobjekte (140x90cm) dem mittleren (210x140cm) proportional unterordnen. 

Formalästhetisch hingegen rekurrieren die drei Lichtobjekte von „Triptychon“ auf Lichtelemente aus modernen Stripteaselokalen und Nachtclubs und sind inhaltlichvon dem zwischen 1954 - 1956 entstandenen Essay „Strip-tease“ von Roland Barthes aus dem Sammelband Mythen des Alltags inspiriert. In seinem Aufsatz beschäftigt sich der französische Theoretiker mit der Dekonstruktion des Striptease, das er als bloßes „Mystifikationsverfahren“ sieht, „das zum Ziel hat, das Publikum mit einer Prise des Bösen zu impfen, um es dann in ein immunisiertes moralisches Befinden zu versetzen“. 

Alexander Emil Deubl verortet die ehemals sakrale Bildform somit in einem (post)modernen Kontext, der sich im Rahmen der globalisierten Symbole für Geld (Dollarzeichen), Liebe (Herz) und für die Unvorhersehbarkeit einer sicheren Zukunft (Stern) bewegt – das klassische „Triptychon“ mutiert zum schillernden „(S)triptychon“. Die Referenzen auf Stripteaselokale und Nachtclubs können auch als Kommentar zur Kunstwelt gelesen werden und die Arbeit des Künstlers als Kritik an den aktuellen Faktoren verstanden werden, die die Kunst und den Kunstmarkt heute zunehmend beeinflussen. Aber nicht nur. Die Stärke des Werks liegt gerade in der Ambivalenz der Zeichen und Inspirationsquellen, die der Künstler aufgreift und zu einem weit verzweigten Assoziationsnetz verknüpft.

Rosali Wiesheu